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Ganz schön alt, nämlich ziemlich genau 102 Jahre, ist die hier im Hintergrund abgebildete Kuppel der Galeries Lafayette in Paris. Dort wo seit jeher in hell beleuchteten und modern gestalteten Räumlichkeiten die rasantesten Trends und Modeerscheinungen aus aller Welt präsentiert werden, steht die Kuppel im Jugendstil, heute mehr denn je, für die Verbindung von Tradition und Innovation. Denn erst, wenn Altes oder Traditionelles gesichert zu sein scheint, kann das Interesse am Neuen beginnen.

 

Dieses Phänomen ist nicht nur in der Architektur gegeben, auch die Mode- und Parfumindustrie lebt von ihrem Bezug zur Vergangenheit. Und so entstehen Trends meist durch Reproduktionen, inspiriert von den Einflüssen vergangener Jahrzehnte. Doch warum nicht gleich Altes konsumieren, wenn der ehemalige Trend gerade aktueller denn je ist? Wir haben Second-Hand gestöbert und ein paar Schätze ausgegraben. Ausgeführt haben wir sie dorthin, wo original nostalgisches Flair herrscht. 

 

Düfte werden wohl immer einer der intensivsten Formen der Erinnerung bleiben. Chloé hat das Spiel der Gegensätze erkannt, und so ist das Eau de Parfum nun auf dem besten Weg ein Klassiker zu werden. 

 

Kommen Sie mit uns auf eine Zeitreise in die Vergangenheit! Sie werden garantiert auch viel Neues entdecken.

KLASSIKER

WIESO CHLOÉ EAU DE PARFUM MICH AN MEINEN BADEMANTEL ERINNERT

Ich rieche wahnsinnig gerne nach Chloé. Nach seinem Launch schlug das Eau de Parfum ein wie eine Bombe. Anschließend wehte stets ein Wölckchen Chloé durch die Straßen der Welt.

 

Heutzutage kann sich ein Parfum kaum lange am lebendigen Markt halten. Jedes Jahr erscheinen allein in Europa über 100 Düfte, von denen weniger als die Hälfte dort bestehen bleibt. Immer, wenn ich einen dezenten Nebel Chloé auf mir niederlasse, frage ich mich also, was genau uns dazu bewegt, sich für einen bestimmten Duft zu entscheiden und ihn durch jahrelanges Tragen zu einem Teil seines Selbst werden zu lassen.

 

Laut Hersteller besteht mein ewiger Favorit aus den Ingredenzien Rose, Pfingstrose, Litschi und Freesien. Chloé versprühe laut Vertreiber französischen Charme, sei warm, elegant und verführerisch. Ich hingegen neige zu einem leicht unterkühlten Naturell, zu meinem Bedauern bin ich im rauhen Berlin und nicht im glamourösen Paris geboren und kann mich deshalb zunächst  nur mittelträchtig mit dem Parfüm identifizieren. Die Verpackung empfinde ich als äußerst ästhetisch. Eine plissierte Oberflächenstruktur des Flakons erinnert an alte Apothekertiegel, erscheint klassisch und stilvoll. Altrosa Farbakzente zieren das Parfum und die ansonsten komplett in Schwarz-Weiß gehaltene Print-Kampagne.

 

Marcel Proust schildert in seinem Roman "A la recherche du temps perdu" ein Duft sei unter anderem im Stande, verankerte Erinnerungen wachzurufen. Das Diktum Jean-Paul Guerlains lautet: Ein Parfüm ist die intensivste Form der Erinnerung.

 

Und wahrlich, wann immer es zum Beispiel nach Dr. Oetkers Vanillepudding duftet, bin ich für einen kurzen Moment lang wieder fünf und Kind. Ich schwelge in glücklichen Kindheitserinnerungen, sitze frisch gebadet, im Bademantel eingemümmelt auf dem Sofa. In Gedanken löffele ich sahnigen Pudding aus Porzellanschälchen und fühle mich ungemein geborgen.

 

Doch auch der Aspekt Werbung ist entscheidend für den Erfolg eines Parfums. Die Aufgabe von Parfumkampagnen ist es, Assoziationen zu vermitteln, Emotionen und Träume zu kreieren. Deren Gestaltung, bestehend aus Bildern und erzählten Geschichten, sind also Bestandteil einer Strategie, die es zur Aufgabe hat, in hohem Maße an die Emotionen des zukünftigen Verwenders zu appellieren, Illusionen und Fantasien hervorzurufen. Parfumwerbung richtet sich außerdem assoziativ in besonders hohem Maße an das Selbstbild des Konsumenten. Die Entscheidung ein Testimonial des aktuellen Lebens oder einen Leitbildcharakter abzubilden, der dem aktuellen Körperbewusstsein der angestrebten Zielgruppe entspricht, kann im besten Fall einen positiven Imagetransfer bewirken, zusätzlich Glaubwürdigkeit erzeugen und stellt den nötigen Kontext dar, das Produkt Parfum erfolgreich zu vermarkten. 

  

Acht Jahre nach der Einführung des Chloé Eau de Parfum ist der Duft nach wie vor omnipräsent auf den Straßen. Die Bestandteile seiner Kampagne schienen tatsächlich sorgfältig ausgewählt. Qualitativ hochwertige und stilvolle Leitbildcharaktere wie Chloe Sevigny, Caroline Brasch Nielsen oder Clemence Poesy suggerieren französische Laissez-faire-Attitüde. Die dazugehörige Schwarz-Weiß Print-Kampagne lässt Raum für Fantasien.

 

Auch ich träumte mich einst beim Betrachten der Kampagne in belebte Pariser Bistros, die Tuileries und ins bunte Louvre. An meiner Hand baumelten mehrere Einkaufstüten, unter dem Arm klemmte ein Baguette und ein kleiner eleganter Diamant an meiner sonnengebräunten Hand funkelte mit dem Eiffelturm um die Wette.

 

Ein Flakon, der an alte Zeiten erinnert und eine Kampagne die den Nerv junger Frauen trifft, damals wie heute. Entscheidend für den Erfolg eines Parfum scheint die Verbindung von Altem und behutsamer Innovation zu sein, um es anschließend dauerhaft am Markt zu etablieren.

 

Die Generation Y jedoch ist heute allerdings mehr denn je durch Individualismus geprägt. Die Einbeziehung einer Person des öffentlichen Lebens in die Kampagne erscheint demnach fraglich, wenn heutzutage ein großer Teil der Gesellschaft vor allem ihre Einzigartigkeit mit einem Parfum ausdrücken will. In Zukunft könnte sich der Konsument also verstärkt eine Individualisierung seines Parfüms wünschen. Und tatsächlich gibt es bereits seit einiger Zeit zahlreiche Möglichkeiten, sich sein eigenes Produkt zu kreieren. Die Berliner Manufaktur Frau Toni lässt ihre Kunden in einer Art Werkstatt zwischen den unterschiedlichsten Ingredenzien ihr persönliches Parfum herstellen. Das Unternehmen MyParfum bietet über das Internet neben der kundenspezifisch hergestellten Duftkomposition, dem Kunden auch die Möglichkeit, Verpackung und Flakon eigens online zu kreieren.

 

Ich für meinen Teil werde jedoch weiterhin Chloé Eau de Parfum treu bleiben, auch weil ich mich eher weniger in der Lage sehe meiner Nase komplett freien Lauf zu lassen und olfaktorisch herumzuexperimentieren. Rosen finde ich zum Beispiel wahnsinnig kitschig, ich hätte sie wohl niemals für eine Komposition verwendet und dennoch sind sie nun Hauptbestandteil meines Lieblingsduftes.  Und in Sachen Verpackung scheint Chloé ja ohnehin meinen Geschmack getroffen zu haben. Schließlich spielte die das Chloe Parfüm dominierende Farbe Rosa in Form eines Frottee-Bademantels bereits eine entscheidende Rolle in meiner Kindheit. Ich muss auch zugeben, dass ich zu einem Hauch Eleganz in meinem Leben nicht Nein sagen würde. Seit Monaten feile ich an meinen Französischkenntnissen, wann immer es möglich ist, sitze ich im Flieger nach Paris. Und dass warmer Vanillepudding nicht auch verführerisch duftet, soll erst einmal jemand leugnen. 


VINTAGE


Zugegeben, wer es auf ein bestimmtes Teil abgesehen hat, wird es schwer haben, das Objekt seiner Begierde in den Weiten einer Second-Hand Boutique zu finden. Den Jeanskauf verlegt man eben besser doch in das Luxus Kaufhaus seines Vertrauens. Doch manchmal und meist immer dann, wenn man nur gerade mal eben zufällig in die unscheinbare Boutique hineinstolpert, springt plötzlich ins Auge, wonach man schon ewig gesucht hat. Etwa eine wunderbare Lederjacke in perfekt eingetragenem Zustand, mit Patina versehen und über die Jahre butterweich geworden. Oder dann hängt er da, ein Rock, wie er momentan auch bei Marni verfügbar sein könnte. Geometrisches Muster, intensive Farben, knielang und in Glockenform, für lediglich einen Bruchteil des Originalpreises verfügbar. Das Beste aber ist, dass man die Schmuckstücke mit großer Wahrscheinlichkeit gänzlich alleine besitzen wird. Und jeder, der sich dennoch interessierten Blickes nach der Herkunft der neuesten Errungenschaft erkundigt, wird bedauerlicherweise nur rigoros zu hören bekommen: Tut mir Leid, aber der ist Vintage!

 

Für alle, die die Hoffnung dennoch nicht aufgeben, lohnt es sich folgende Second-Hand Shops in Berlin und Hamburg zu besuchen, um eigene kleine Schätzchen ausfindig zu machen:

 

 

Garage Berlin

und alle dazugehörigen Kleidermärkte in Berlin und Hamburg

Riesige Auswahl, faire Preise nach Kilo

 

Humana Secondhand

Grabbelkiste mit Potenzial

 

Repeater

viele gut erhaltene Klassiker wie Levis oder Barbour

 

CALYPT

kleine, aber feine 90er Jahre Auswahl

 

VEIST

hier kann man leihen und auch verleihen

 

Kleiderei

Flatrate Verleih für quietschbunte Teile

 

Modena

Designer Auswahl zu gehobenen Preisen

 

Das Neue Schwarz

Hochklassig und hip

 

 

ORIGINELL

  

Clutch von Olympia Le Tan

Manchmal steckt in nächtlichen Barbesuchen Stoff für die aufregendsten Geschichten. In die Clutch von Olympia Le Tan passt nicht viel herein, sie mag aber immerhin für Gesprächsstoff sorgen. Ihr Einband ist handgemacht und erinnert an Klassiker der Literatur. Jedes dieser Kunstwerke ist nur als Unikat verfügbar, dementsprechend exklusiv sind bedauerlicherweise auch die Preise. Diese hier wurde für einen Bruchteil ihres Originalpreises bei Ebay geschossen und verleiht seitdem der schlichtesten Garderobe Seriosität und einen Hauch Extravaganz. Ausgeführt haben wir sie in die Victoria Bar im Tiergarten. Zwischen stilvollem Ambiente und freizügigem Straßenstrich repräsentiert die Clutch Attribute, wie sie in Berlin nur in Gegenden wie der der Potsdamer Straße vorherrschen- betagt und originell. Auch ein bisschen progressiv- aber gerade deswegen wieder sehr modern.


WELCH TRAUM VON EINEM BLAUEN RAUM!